SCHLUND

Student Schlund droht zerrieben zu werden zwischen seiner Abschlussarbeit und den Widrigkeiten des Uni-Alltags. Dozenten, Kommilitonen, Menschen ganz allgemein martern ihn. Damit nicht genug: In Schlund herrscht der Formungsdrang. Er gerät außer Kontrolle, je näher der Abgabetermin seiner Magisterarbeit heranrückt. Der Irrsinn beginnt. Die Rauchsäulen wandern.

Schlund schob sich weiter nach vorne. Dort gehörte er hin, der gute Pionier. Im Geiste legte er die Werkzeuge an. Er schlug die Spitzhacke ein, wo er nur konnte. Doch das war manchmal überflüssig. Gehirne-Spalten, Löcher bohren, Pfropfen stopfen – so taten es auch die Uni-Irren. Miteinander, untereinander, simultan und vernetzt. Das große Mikroben-Match. Schlund passierte das Hauptgebäude. Ein weitverzweigter Komplex. In endlosen Strömen quollen sie aus unzähligen Ritzen. Bausoldaten der Bunten Republik. Nach den Latrinenflüchen stiegen Sprechblasen auf und zerplatzten schnell. Dazwischen hantierten die Priester des Schmutzes. Dozenten, Professoren. Beauftragt und unbefugt. Schlund zog vorüber. Er schlug die Schulterstücke sauber und setzte das fort, was seinen inneren Beständen Zuspitzung angedeihen ließ: Bewegung. Sparring mit der Anschauung. Keilen mit der Lebensform. (S.42)

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Till Röcke: Schlund. Roman. Edition Finsterberg: Questenberg 2020. Gebunden, 128 Seiten. 16 Euro. ISBN 978-3-96644-002-8